Adventskalender des Inklusionsbüros 2020

Adventskalender des Inklusionsbüros 2020

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Hallo,

mein Name ist Evelyn Jungermann. Ich bin Mutter eines erwachsenen Sohnes, der eine geistige Behinderung hat und nicht sprechend ist, aber unterstützt kommuniziert. Und gleichzeitig bin ich im Vorstand eines Lebenshilfe-Ortsvereins in Schleswig-Holstein tätig.

Geht die Inklusion im Moment baden, ist die Frage des Inklusionsbüros. Ich denke, man kann das nicht pauschal mit Ja oder mit Nein beantworten. Ich sehe Corona als Katalysator – als guten Katalysator – denn die Probleme werden deutlich sichtbar. Und ich glaube, man muss auch unterscheiden zwischen der Verbandsebene und der Praxis im Alltag.

Auf der Verbandsebene erlebe ich alle Organisationen, die sich für Menschen mit Behinderung einsetzen, auch das Inklusionsbüro, bundesweit als sehr engagiert: dass sie den Finger in die Wunde legen, dass sie sehr aufmerksam am Thema sind. Das ist gut so. Ich selbst habe gerade gestern an einer Umfrage der Uni Halle teilgenommen, wo es um die Folgen von Corona für Menschen mit Behinderung geht. Wir haben im Verein die Zeit genutzt, um zum Beispiel ein Inklusionsprojekt – ein Inklusions-Fußball-Projekt – bei der Aktion Mensch zu beantragen. Die Zeit hätten wir ohne Corona und Lockdown nicht gehabt. Wir sehen alle, dass der Alltag gestärkt werden muss.

Auf der Verbandsebene erlebe ich alle Organisationen, die sich für Menschen mit Behinderung einsetzen, auch das Inklusionsbüro, bundesweit als sehr engagiert: Aber der zweite Bereich, die Praxis im Alltag, zeigt uns, dass da noch sehr, sehr viel nachzuholen ist. Hier sehe ich, dass mein Sohn eben nicht wirklich inklusiv leben kann, weil ihm zum Beispiel der Zugang zum Internet fehlt. Es gibt in seiner Wohngruppe für ihn keinen Zugang zum WLAN. Das Personal im Büro hat einen WLAN-Zugang, aber die einzelnen Bewohner eben nicht, sodass er nicht selbstbestimmt mal eben so zuhause eine kleine Facetime-Sitzung mit seinen Schwestern oder seinen Nichten oder gar seinen Eltern machen kann. Da erlebe ich ihn als sehr wenig inklusiv, dass er diese Möglichkeiten hätte. Ebenso hat er nicht die Möglichkeit dann doch noch mal eine sportliche Betätigung anzugehen, wo natürlich eine Einzelassistenz mehr denn je fehlt, weil ja nun auch die entsprechende Distanz eingehalten werden muss.

Auf der Verbandsebene erlebe ich alle Organisationen, die sich für Menschen mit Behinderung einsetzen, auch das Inklusionsbüro, bundesweit als sehr engagiert: Und in diesem ganzen Klein-Klein erlebe ich, dass wir da gut aufpassen müssen, dass Menschen mit Behinderung nicht untergehen. So lange es also uns alle gibt, die wir uns damit beschäftigen – und hoffentlich auch den ein oder anderen Menschen mit Behinderung selbst fragen können, was er sich wünscht – so lange bin ich nach wie vor hoffnungsvoll. Ich denke, wir werden da dran bleiben und immer wieder den Finger in die Wunde legen.

Der Inklusion wünsche ich genau das zu Weihnachten: aufmerksame Leute, die die Finger in die Wunde legen.

Der Inklusion wünsche ich genau das zu Weihnachten: Bleiben Sie alle gesund!

Über diesen Podcast

Advent im Corona-Jahr 2020 - und das Inklusionsbüro Schleswig-Holstein fragt:
"Geht die Inklusion eigentlich gerade baden?"
Und: "Was wünschen Sie der Inklusion zu Weihnachten?"

Was für ein Jahr! Wer hätte in der letzten Vorweihnachtszeit schon gedacht, dass wir unsere Weihnachtseinkäufe in diesem Jahr wie selbstverständlich mit Mund-Nase-Bedeckung tätigen, dass niemand mehr darauf käme, seinem Gegenüber unverpackte, selbstgebackene Plätzchen anzubieten und dass wir am Ende dieses Jahres alle wissen, was wir unter systemrelevanten Berufen zu verstehen haben.

Und weil so Vieles anders war in diesem Jahr und nicht nur wir uns fragen, was das eigentlich mit unserer Gesellschaft macht, haben wir für Sie viele Perspektiven auf Inklusion im Land Schleswig-Holstein gesammelt. Entstanden ist ein bunter Strauß
unterschiedlicher Blickwinkel und Ideen, jedes Türchen öffnet quasi eine neue Perspektive auf die Inklusion im Corona-Jahr 2020. Manch eine legt Finger in Wunden, ein anderer macht Hoffnung und zeigt Chancen auf.
Freuen Sie sich auf diesen bunten Strauß vielfältiger An- und Einsichten und pflücken Sie sich jeden Tag eine neue Blume! :-)

von und mit vom Team des Inklusionsbüros Schleswig-Holstein

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